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viafintech and BKK VBU: Pay own contribution in the supermarket
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Immer wieder ist in Print- und Onlinemedien von der Abschaffung des Bargelds zu lesen. In Deutschland gar nicht so einfach, lieben doch viele Menschen nahezu Münzen und Scheine. 2021 wurden hier fast 60 Prozent der alltäglichen Rechnungen bar bezahlt, ergab eine Umfrage der Bundesbank. Je geringer der Betrag, desto beliebter die Cash-Zahlung. Und: Drei Prozent der Bevölkerung haben gar kein Bankkonto. Was also tun, wenn bei einer gesetzlichen Krankenkasse Behandlungskosten und Eigenanteile anfallen, die im Normalfall nur überwiesen oder in einzelnen Servicecentern passend bezahlt werden können?
Aus der Perspektive von Unternehmen sind bargeldaffine Menschen schwer zu erreichen. Zwar ist das Angebot, offene Beträge cash bezahlen zu können, oft der einzige Weg, um ausstehende Forderungen beglichen zu bekommen. Aber es ist teuer, eine eigene Barzahlungs-Infrastruktur bereit zu stellen: Sicherheitsvorrichtungen müssen eingebaut und Personal bereitgestellt, Bargeld vorgehalten, abgerechnet und verbucht werden. „Alles in allem führt der ganzheitliche Blick aufs Thema Bargeld dazu, dass Unternehmen, die die durchschnittliche Bevölkerung als Kundinnen und Kunden haben, eine Möglichkeit zum Barzahlen schaffen sollten“, fasst Janusz Buttgereit, Lead Sales for Housing, Insurance and Telco Business bei viafintech seine Erfahrungen zusammen.
Vor dieser Herausforderung stand auch die BKK VBU. Bis eine Mitarbeiterin vor gut vier Jahren eine Rechnung ihrer Zusatzversicherung bekam - beigelegt war ein Zahlschein mit einem Barcode zur Zahlung im Einzelhandel. So etwas hatte sie bis dahin weder gesehen noch gehört, ihre Neugier siegte und sie zahlte den offenen Betrag beim nächsten Einkauf bar im Supermarkt um die Ecke. Weil dieser Weg so herrlich einfach, praktisch und bequem war, erzählte sie ihrem Team davon. Die Abteilung erkannte den Mehrwert dieser innovativen Lösung schnell und beschloss, die Idee im Rahmen des hauseigenen Hackathons #runtervomSofa im Januar 2019 weiter zu spinnen. Es wurde recherchiert, verglichen, getestet, verworfen - aber schließlich entschieden sich die Mitarbeitenden für die Umsetzung des Projekts der „Rechnungszahlung im Einzelhandel“ mit der viafintech GmbH und ihrer Lösung Barzahlen/viacash.
Neun Monate bis zum Go-Live
Zum Kickoff des Projekts wurden zunächst die Mehrwerte und möglichen Einsatzgebiete für die digitale Barzahlung erörtert. Dabei standen die Servicesteigerung und Kostensenkung im Vordergrund. Gestartet wurde mit einem Piloten, der Begleichung von Zuzahlungsrechnungen. Dabei sollten die Zahlscheine automatisiert mit jeder Rechnung auf dem Postweg zu den Kundinnen und Kunden gelangen. Um den Zahlungsweg auf Seiten der BKK VBU rein digital anbieten und auf das Annehmen von Bargeld gänzlich verzichten zu können, sollte die Zahlscheinübermittlung optional auch per E-Mail, SMS oder mit persönlicher Übergabe möglich sein. Was folgte, war der technische Einbau der Module durch die hauseigene IT. Rechtliche Aspekte wurden erörtert und sichergestellt, dass keine Mitglieder- und Patientendaten an viafintech übermittelt werden.
Am 1. Oktober 2019 war es dann soweit: die BKK VBU war die erste gesetzliche Krankenversicherung, deren Kundschaft nicht nur Butter und Milch im Supermarkt kaufen, sondern auch Rechnungen bezahlen konnte. Ihre Mitglieder konnten Eigenanteile für Behandlungskosten einfach per Barcode im Einzelhandel, in Drogerien oder Baumärkten begleichen, der ihnen einfach zusammen mit der Rechnung zugeschickt worden war. Schnell wurde klar, dass der Service gut ankam. Schon nach den ersten vier Monaten, in denen das neue Angebot zunehmend genutzt wurde, begann die BKK VBU mit den Vorbereitungen, den Barzahlen/viacash-Service auch für Härtefallvorauszahlungen live zu schalten. Im vierten Quartal 2020 gab es die ersten Härtefallvorauszahlungen. Auch hier wurde das Potenzial der Barzahlung rasch deutlich, ein positiver Trend, der sich, unter Berücksichtigung saisonaler Abweichungen, bis heute fortsetzt.
Heute wird der gesamte Prozess via Dunkelverarbeitung abgewickelt. Für die BKK VBU bedeutet der Service eine Zeit- und Kostenersparnis – und zufriedene Kundinnen und Kunden. „Mit Barzahlen/viacash bieten wir ihnen eine Zahlungsalternative für Zuzahlungsrechnungen, die auch von Vertrauten einfach genutzt werden kann. Das ist im Krankheitsfall eine echte Erleichterung für unsere Versicherten“, erklärt Helge Neuwerk, Stellvertreter der Vorständin.
Tue Gutes und rede darüber
Ein neuer Service, ein neues Angebot ist für jedes Unternehmen herausfordernd. Mitarbeitende sowie Kundinnen und Kunden müssen überzeugt werden, Kommunikation deshalb entscheidend.
Intern legte der bereichsübergreifende Hackathon den Grundstein für den Angebots-Zuspruch. Um den neuen Service unter den Versicherten bekannt zu machen, setzte die BKK VBU auf eine Vielzahl von Kanälen. Auf der Webseite wurde eine eigene Landingpage mit den wichtigsten Fragen und Antworten eingefügt, wiederholte Artikel in der Mitgliederzeitschrift proFit klärten zusätzlich auf.
Die Kommunikation trug Früchte und sprach besonders die Kundengruppen höheren Alters an (siehe Abbildung 2). Die Ehefrau (70 Jahre) eines Versicherten freute sich: „Ich habe das Geld für meinen Mann eingezahlt. Das war ganz wunderbar, normalerweise müssen wir erst zur Sparkasse fahren. So hat es ganz reibungslos geklappt und es war auch gleich um die Ecke. Tolles Angebot, macht weiter so!“ Auch ein junger Versicherter ist überzeugt vom Service und erklärt: „War ganz super, obwohl ich erst mal skeptisch war, ob das so funktioniert, weil das ja neu ist. Penny und Rewe sind bei mir in der Nähe und dann hab‘ ich das gleich beim Einkauf genutzt. Ich wollte nicht extra zur Sparkasse rennen. Ich finde es auch eine gute Sache für die Älteren, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. Klasse!“
Wichtig sind Austausch und Transparenz
Was macht die Zusammenarbeit erfolgreich? „Seit dem ersten Treffen gehen wir in kurzen Abständen und regelmäßig in den Austausch“, erklärt Buttgereit, „die Gespräche sind immer unkompliziert und lösungsorientiert.“ Gerade zu Beginn der Partnerschaft ermöglichte der zügige Austausch den reibungsarmen Einbau der Lösung sowie den weiteren Ausbau der Zahlungsmöglichkeiten für die Versicherten und ist seitdem nicht abgebrochen. Jedes Vierteljahr steht ein Quartalsgespräch an. So kann schnell auf Veränderungen, sowohl im Markt als auch bei äußeren Umständen, reagiert werden. „Wir bewerten die Zusammenarbeit von beiden Seiten als vollen Erfolg“, sagen Buttgereit und Neuwerk übereinstimmend – und tüfteln schon an weiteren Zahlungsfällen, die umgesetzt werden können.
Im Kasten
Im Euroraum sind die Euro-Münzen und Euro-Banknoten das einzige gesetzliche Zahlungsmittel, dessen Existenz laut Europäischer Zentralbank notfalls regulatorisch gesichert wird. Dennoch hat auch das Thema Bargeld zwei Seiten. Einerseits ist es bei den Menschen als wirksamstes Mittel zur finanziellen Inklusion äußerst beliebt. Auf der anderen Seite verursacht es bei den entgegennehmenden Unternehmen hohe Kosten.
Ein Blick auf das Zahlungsverhalten und die Stimmung in Deutschland zeigt eine leicht rückläufige, aber dennoch starke Affinität zum Bargeld. Eine Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands im Jahr 2022 ergab, dass 69 Prozent der Bevölkerung in Deutschland die Option der Barzahlung wichtig oder sogar sehr wichtig ist. Ein gänzlicher Verzicht auf Bargeld ist für 85 Prozent der Befragten undenkbar. Auch die jährliche Untersuchung der Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland untermauert dieses Ergebnis. So wurden 2021 immerhin 58 Prozent aller Zahlungen am „Point of Sale“ (POS = Ladenkasse) in Deutschland mit Bargeld beglichen. Besonders beliebt ist die Barzahlung bei Haushalten mit geringem Einkommen sowie bei niedrigeren Zahlungsbeträgen. Zahlungen zwischen fünf und 20 Euro werden in 67 Prozent der Fälle bar beglichen. Bei Zahlungen unter fünf Euro ist Bargeld sogar in 82 Prozent der Fälle das Mittel der Wahl.
Warum ist das so? Bargeld ist für 67 Prozent der Befragten deshalb so beliebt, weil Zahlungen anonym und kontrolliert vorgenommen werden können. Der Aspekt der Ausgabenkontrolle ist besonders für Menschen mit geringen Einkommen von Bedeutung. In Deutschland betrifft dies etwa zehn Millionen Menschen, die ein monatliches Einkommen von weniger als 1.000 Euro netto haben. Berücksichtigt man, dass deutschlandweit ca. 200 Milliarden Euro Bargeld in privaten Haushalten liegen, sind diese Barreserven - bei gleichzeitig überzogenen Bankkonten - häufig die einzige Möglichkeit, Rechnungen zu begleichen. Zu den Risikoaversen und Geringverdienern müssen weitere drei Prozent der Gesellschaft hinzugezählt werden, die kein eigenes Bankkonto besitzen. Alle Punkte zusammen, führen zu dem Schluss, dass mindestens jeder Zehnte in Deutschland auf Bargeld angewiesen ist.
Quellen: Europäische Zentralbank, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., Deutsche Bundesbank, Institut der Deutschen Wirtschaft
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